Mittwoch 1.9.2021
Ende der Fahrradtour: 3227 km gesamt
Kiel - Hamburg 96 km 440 hm
Heute beenden wir unsere Fahrradtour mit der Fahrt von Kiel nach Hamburg. Von Hamburg aus geht es morgen zu dritt mit dem Auto nach Fürstenfeldbruck. Die Bahn streikt.
Von Kiel aus geht es auf den ersten 20 km auf dem Fahrradweg an der Bundesstraße entlang. Wir kommen flott voran und vermuten schon, dass das eine einfache aber eher langweilige Tour werden kann- aber weit gefehlt: Unser Navi führt uns auch durch Wald und Feld über schmale Pfade durch einen Erlebniswald und über Feldwege. Am Neversdorfer See bei Leezen legen wir eine Pause ein. Hier ist eine Badestelle, die auch von Stand up Paddlern gerne genutzt wird. Wir genießen den sonnigen Tag.
In Ahrensburg hätte uns fast ein Radfahrer gerammt: Er schoß vom Supermarkt heraus mit dem Kaffeebecher in der rechten Hand. Nach unserem Ruf "Vorsicht" bremst er spontan mit der Vorderbremse so stark, dass das Hinterrad abhebt. Das war knapp- für ihn und uns und auch für den Kaffee.
Um 19: 15 Uhr kommen wir pünktlich bei unserem Freund René in Hamburg an.
Wir bedanken uns bei allen, die uns auf unserer Fahrradreise gedanklich begleitet haben. Wir danken auch für alle Bewahrung vor Krankheit und Unfällen auf unserem langen Weg durch Polen, Ost- und Norddeutschland. Vielleicht ist es uns vergönnt, in den nächsten Jahren noch weitere Radtouren zu unternehmen.
Dienstag 27.8.2021
Kiel (Scharbeutz - Plön - Kiel 61 km 360 hm)
Wir halten uns schon einige Tage bei Helmuts Schwester in Kiel auf und besuchen Verwandte / Freunde. Heute werden wir eine kombinierte Zug / Radreise an die Schlei unternehmen. Am 1.9. radeln wir nach Hamburg zu einem Freund, der uns und die Fahrräder am 2. September nach Fürstenfeldbruck bringt.
Donnerstag 26.8.2021
Scharbeutz (Lübeck-Scharbeutz 24 km; Scharbeutz-Neustadt 12 km)
Dank unserer Freunde aus Stockelsdorf bei Lübeck können wir uns einige Tage in ihrer Ferienwohnung in Scharbeutz an der Ostsee aufhalten. Das Wetter ist sehr herbstlich geworden - die Ostseetemperatur beträgt 16 Grad. Wir genießen trotzdem den Aufenthalt. Gestern haben wir einen Radausflug nach Neustadt in Holstein unternommen und verbrachten einen schönen Nachmittag mit unserer Freundin Karin.
Morgen fahren wir weiter gen Norden nach Kiel und besuchen Helmuts Verwandte.
Montag 23.8.2021
Ein sonniger Lübecktag neigt sich dem Ende zu. Helmuts Schwester hat sich über das Wiedersehen gefreut.
Samstag 21.8.2021
Nakenstorf - Lübeck 83,7 km 520 hm
Wir erreichen am frühen Abend die Hansestadt Lübeck. Herrliches Wetter, Ostwind und gute Wege führen uns schnell nach Wismar, wo wir eine 2. Frühstückspause vor dem Rathaus einlegen. Die weitere Strecke bringt uns über den Ostseeradweg zum Vorort von Lübeck nach Schlutup, wo es damals einen Grenzübergang in die DDR gab. Gegen 18 Uhr landen wir bei unseren Lübecker Freunden und freuen uns, 3000 km Radtour unfallfrei überstanden zu haben.Freitag 20.8.2021
Nakenstorf bei Neukloster
Heute haben wir uns neu organisiert (Pläne für die nächsten Tage)
Helmut hat sein Rad gesäubert, geölt und einige Schrauben festgezogen, die sich auf den Pflasterstrassen gelöst haben.
Die Schönheit des Sees bewundern wir auf dem Wanderweg nach Neukloster.
Morgen radeln wir nach Lübeck (ca 82 km) und Mittwoch über Neustadt in Holstein nach Kiel.
Sehr schwierig gestaltete sich das Planen der Rückreise mit dem Zug. Für 3 mögliche Reisetage (31.8.oder 1.9. oder 2.9.) können wir keinen Zug mit Fahrradabteil auftreiben. Aber auch dafür findet sich eine Lösung: Unser Freund René aus Hamburg möchte am 2. September seine Freundin in Fürstenfeldbruck besuchen. Wir konnten ihn überreden mit seinem Auto (mit uns und unseren Rädern beladen) nach Bayern zu fahren.
Donnerstag 19.8.2021
Demmin - Nakenstorf 118 km 730 hm
Das war heute ein Kraftakt. Das Ziel ist gesetzt: Wir wollen in der Ferienwohnung unserer Lübecker Freunde Inga + Andy in Nakenstorf übernachten. Nachdem wir gestern in Demmin auf dem tollen Campingplatz der Marina entnervt von Wind + Regen die Tagestour beendet haben, stehen heute 118 km Radreise auf dem Plan. Die Alternative mit dem Zug wird schnell verworfen.
Wir kommen relativ früh los. Die ersten 50 km kämpfen wir wie am Vortag gegen den starken Westwind, wenn auch dieses Mal ohne Regen. Am Nachmittag wird der Wind etwas schwächer.
Es gibt Radwege, geteerte Straßen, Sand- und Waldwege und: das in Ostdeutschland allseits beliebte Kopfsteinpflaster. Es ist sehr strapazierfähig und hält- einmal verlegt- Jahrzehnte um nicht zu sagen Jahrhunderte unverändert. Gleichzeitig dient es der Verkehrsberuhigung. Besonders die Fahrradfahrer, die ja sonst ohne Rücksicht auf Verluste durch die Straßen rasen, hoppeln nun im Schritttempo von Stein zu Stein. Gleichzeitig klappern die Metallbecher in der Satteltasche lustig im Takt.
Wir durchqueren heute Mecklenburg-Vorpommern von Ost nach West, kommen durch kleine Dörfer und Städte vorbei an riesigen landwirtschaftlichen Flächen aber auch an einem Biohühnerhof mit Hähnen und einem Biohof, der Puten aufzieht. Sie können dort frei auf dem Grundstück herumlaufen. Oft können wir kilometerweit über das Land blicken.
Kurz vor dem Ziel hat unser Navi noch eine Überraschung parat und schickt uns weg von der komfortablen Teerstraße über einen hügeligen Sand- Wald - und Wiesenweg. So wird es nicht langweilig.
Güstrow müssen wir links liegen lassen und grüßen von hier aus Ernst Barlach mit seinen ganz besonderen Skulpturen und natürlich auch die beiden Grünen: Jan und Tabea mit ihren zwei Mädchen.
Unser Standort Nakenstorf liegt direkt am Neukloster See. Vielleicht können wir den morgigen Ruhetag zum Schwimmen nutzen.
Mittwoch 18. 8. 2021
Freest - Demmin 70 km
Heute sind wir in der Marina von Demmin gelandet. Es ist ein Zeltplatz am Hafen der Peene, auf dem Kanufahrer übernachten und auch ein paar Wohnmobile stehen. Wir sind froh, dass es nicht regnet und wir das Zelt im Trockenen aufstellen können. Es war keine andere Unterkunft zu kriegen.
Am Morgen herrschte starker Wind in Freest. Der Zeltplatz liegt im Naturschutzgebiet. Es tummeln sich viele Stare auf der Wiese und ganze Heerscharen von Schwalben fliegen umher. Auch Seeadler und Rotmilane soll er hier geben. Unser erstes heutiges Ziel ist Greifswald. Der Wind weht stark von Westen - also von da, wo wir hinwollen- und der Regen wird immer stärker... Eine große geführte Radgruppe überholt uns, es sind Schweizer die überwiegend mit E-Bikes ausgerüstet sind und in Greifswald mit dem Schiff weiterfahren.
Von Greifswald aus radeln wir weiter Richtung Südwesten. Der Regen lässt langsam nach aber der Wind macht uns sehr zu schaffen. Wir beenden die Tagesetappe in Demmin und hoffen für morgen auf besseres Wetter.
Dienstag, 17. 8. 2021
Miedzyzdroje - Freest 74 km 420 hm
Heute übernachten wir im Fass auf dem Waldcampingplatz in Freest. Nachdem wir in Polen bisher fast immer trockenes Wetter hatten, sind wir heute auf dem Weg von Polen über die Insel Usedom gut nass geworden. Wir sind froh, dass das Zelt in der Tasche bleiben kann.
Von Miedzyzdroje ging es über Waldwege durch das Naturschutzgebiet zum Kurort Swinemünde. Das Klima hier soll gut für die Bronchien sein. Wir atmen tief durch und freuen uns, dass hier gerade die Sonne scheint und wir im Café unsere letzten Zlotys auf den Kopf hauen.
Die Fahrradtour durch Usedom ist anspruchsvoll. Sie führt über hügelige Waldwege, teilweise mit 16 % Steigung. Christiane ist vor ca. 25 Jahren hier den Usedom-Marathon mitgelaufen, der von Swinemünde in Polen bis nach Wolgast führt. Sie erinnert sich zwar an einige Hügel aber nicht an eine so schwere Strecke. Das Wetter spielt verrückt: Es regnet aus Kübeln und weht dann wieder alle Wolken weg, so dass die Sonne warm herunterscheint, so wechselt es alle 20 Minuten. Wir kommen an kilometerlangen Campingplätzen vorbei.
Als wir nach Wolgast reinfahren regnet es nur noch. Wir stellen uns unter dem Vordach eines Kindergartens bis der größte Guss vorbei ist und fahren dann im Slalom um die Pfützen bis zum Campingplatz in Freest.
Hier am Hafen gibt es ein gutes Fischrestaurant, das die Lebensgeister wieder aufweckt.
Montag 16.8.2021
Miedzyzdroje (Misdroy)- Ruhetag
Für die Freunde der Statistik:
33 Radltage, bisher insgesamt 2657 km, 80,5 km durchschnittlich pro Radtag
Technik Fahrräder:
E-Bike Helmut: 1 Kettenwechsel, 2 kleine Ritzel der Kassette erneuert (in der exzellenten Werkstatt von Branko in Donsbach)
Fahrrad Christiane: 10-Gang-Schalthebel mit Seilzug erneuert (in Leipzig mit Kaufhilfe von Jens)
Sonntag 15.8.2021
Bagicz - Miedzyzdroje (Misdroy) 110 km 810 hm
Die ersten ca. 40 km fahren wir auf besten Radwegen (EU-mitfinanziert und orange mit R10 beschildert). Dann weichen wir auf die Staatsstraße aus (ebenfalls EU-mitfinanziert). Es ist Sonntag und die Wege sind sehr belegt mit Fußgängern, Kinderwagen, mit 4-rädrigen Tretautos (mit ganzen Familien) mit Radfahrern- auch vielen Tourenfahrern. Die Polen sind sehr unternehmungslustig und lieben es mit der ganzen Familie Ausflüge zu machen. Viele Kinder sind mit ihren kleinen Fahrrädchen eifrig bei der Sache.
Wir müssen allerdings auf die Zeit achten. Der Wind weht nach wie vor von vorne und wir haben eine weite Strecke vor uns. In Rewal machen wir Mittagspause auf einer Parkbank: Es gibt Brot, Salami, Camembert, Gouda, Marmelade, Zwetschgen, Weintrauben (Butter haben wir auch dabei) und Orangensaft. Hier können wir den historischen Zug auf der neu fertiggestellten Bahntrasse (EU-Mittel) beobachten, mit dem viele Leute mitfahren wollen.
Neben Döner-, Pizza- und Eisbuden sind an der Ostseestrecke auch Kirmesplätze angelegt, die Riesenrad, Achterbahnen und Autoscooter (wohl nicht EU mitfinanziert:-)) bieten.
Ca. 30 km vor dem Ziel biegt der R10 von der Staatsstraße zwischen Seen auf Nebenstraßen ab. Hier fehlen die Schilder, entsprechend holprig ist die Teerstraße. Ohne Navi wären wir aufgeschmissen. Von dort geht es auf Waldwegen in den Wolinsky-Park. Gottseidank ohne tiefen Sand, so dass wir gut vorankommen. Auch hier begegnen uns noch am Abend einige Tourenradfahrer. Eine dreiköpfige Gruppe aus Zwickau steht mit einem auf den Kopf gestellten Fahrrad am Wegrand. Das Hinterrad hat blockiert. Helmut kann mit seinem Werkzeug gut aushelfen.
Um 19:30 Uhr kommen wir in unserem Appartement in Miedzyzdroje an. Von hier ist es nicht mehr weit bis zur deutschen Grenze. Am Montag besuchen wir die Stadt und legen einen Ruhetag ein.
Samstag 14. 8. 2021
Jaroslawcu - Bagicz 86 km 440 hm
Heute ist wieder Camping angesagt, denn alles andere ist ausgebucht. Hier an der Ostseeküste ist Hochbetrieb. Wir haben wieder viele Tourenradfahrer getroffen, außerdem auch Fahrradausflügler. Der Europaradweg R10 wird gut genutzt.
Ein Großteil der Strecke verläuft auf super geteerten Radwegen, teilweise mitten durch das dicht bewaldete Naturschutzgebiet nahe der Küste. Klar, dass diese tollen Radstraßen von der EU mit finanziert wurden. Fast jeder Ort weist mit großen Tafeln auf EU-Projekte hin.
Es herrscht heute starker Westwind. Das erschwert das Radfahren etwas, besonders wenn man nach Westen fährt :-). Oft schützen aber Bäume oder Häuser und schirmen den Wind ab. Unsere Route verläuft parallel zur Küste, so dass wir den starken Wellengang und die Brandung der Ostsee beobachten können.
Morgen haben wir eine längere Etappe vor uns: Helmut hat ein Appartement über Booking.com gefunden, das über 100 km weit entfernt liegt (nahe der deutschen Grenze).
Freitag 13. 8. 2021
Ibizca - Jarosławcu 91 km 610 hm
Hier sind wir im Ostseeferienparadies gelandet. Es wimmelt von Kindern und Familien, die viel Spaß mit Ballspielen, Sandstrand und der Ostsee haben. Der erste Weg nach unserer Ankunft führt über eine lange Treppe zum Strand. Die Treppe schützt die vollständig und dicht bewachsene Dünenlandschaft. Endlich mal wieder schwimmen! Es gibt kaum Wellen und das Wasser ist warm.
Der Freitagmorgen begann um sieben Uhr in Izbica. Da ertönen nämlich die Glocken der Kirche und anschließend ein Lied (mit Fanfaren?), das im ganzen Dorf zu hören ist. Wir drehen uns im Bett erst noch einmal um. Die Abreise gelingt uns nach umfangreichem Frühstück und Zusammenpacken dennoch um 9:30 Uhr.
Heute kommen wir mit dem R10 nur gelegentlich in Kontakt. Wir wollen auf jeden Fall die idyllische Moraststrecke nahe der Ostsee vermeiden. Ein Stück weit geht es über die Staatsstraße mit relativ wenig Verkehr. Vor den LKWs, die mit Vollgas von hinten angebraust kommen, fliehen wir von der Straße auf die Grasbankette.
Wir versuchen es nochmals mit dem R10 und biegen in den Feldweg ab. Als sich zeigt, dass er immer sandiger und rutschiger wird, machen wir kehrt und folgen lieber der geteerten Nebenstrecke. Aber der R 10 bietet auch gut ausgebaute Radwege.
Mit viel Glück und Schnelligkeit hatte Helmut für heute noch ein tolles Appartement mit gutem Preis-Leistungsverhältnis in Jaruslawcu buchen können. Von hier sind wir in wenigen Minuten am Meer.
Donnerstag 12.8.2021 Izbica
Wir sind hier im Dorf auf einem Campingplatz, der auch Zimmer mit Dusche und eine Gemeinschaftsküche bietet und gönnen uns einen Ruhetag. Der Platz liegt direkt am R 10 Radweg.
Hier kommen immer wieder Radfahrer vorbei. Die, die von Westen ankommen, haben meist völlig verdreckte Fahrräder. Der Campingchef bietet gleich den Wasserschlauch an. Wir kommen von Osten - unsere Räder sind (noch) nicht so verdreckt.
Wir wandern zur Lagune, wo die Fischerboote liegen und hören die Frösche quaken. Auch die Ortskirche besuchen wir und entdecken ein Mahnmal zum Gedenken an die polnischen und deutschen Kriegsopfer. Ein Haus, das im Jahr 1932 gebaut wurde, ist schön renoviert und wird vermutlich heute von einer polnischen Familie bewohnt.
Einkaufen kann man in dem kleinen Dorfladen, der auf kleinstem Raum alles bietet, was wir zum Kochen und Essen brauchen. Neben dem Laden stehen Tische und Bänke, wo man sein Bier trinken kann oder seinen Blog schreibt.
Morgen geht es weiter in Richtung Ostsee- die Moorstrecke wollen wir aber großräumig umfahren.

Kirche von Izbica
Gdynia - Kopelino - Izbica insgesamt 135 km (Dienstag+Mittwoch)
Heute haben wir früher Schluss gemacht. Wir sind hier auf dem Dorf und haben gerade "etwas" Internet gefunden.
Von Gdynia aus ging es zunächst über gute Radwege, teilweise über eine still gelegte Bahnstrecke wo wir richtig schnell fahren können. Später führt der R10 durch den Wald auf befestigten Kieswegen. Wir kommen an einer Heidelbeerplantage (Büsche sind 2 m groß!) vorbei. Die Familien, die den Tag die Blaubeeren in Kisten geerntet haben, sitzen in der Sonne und ruhen sich aus.
Der R 10 führt weiter durch den Kiefernwald. Es gibt viele Blaubeerbüsche (10-25 cm hoch- wie wir sie kennen). Ganze Familien streifen mit ihren Körben durch den Wald. Der Waldweg wird nun immer unwegsamer. Häufig müssen wir die Räder durch den Sand schieben. In Kopelino beschließen wir, auf dem Campingplatz zu übernachten. Wir schlagen das Zelt zwischen zwei Wohnwagen auf. Christiane geht zum Duschen. Als sie die Dusche verlässt regnet es schon in Strömen. Das Zelt hält zumindest von oben dicht. Trotz starkem Gewitter ist es lustig. Es gibt überdachte Essplätze und die Nachbarn sind sehr nett.
Am Mittwoch wollen wir eigentlich einen Campingplatz an der Ostsee erreichen. Wir kommen auf dem Waldweg nur langsam vorwärts. Endlich erreichen wir Izbica (am Lagunensee). Hier treffen wir zwei junge Polen mit Packtaschen. Ihre Fahrräder sind bis oben hin voller Dreck, weil sie der Radweg durch Schlamm und tiefen Sand führte.Wir beschließen hier zu übernachten und morgen über die Staatsstraße weiter zu fahren. Der Campingplatz bietet auch Zimmer an, da kann unser Zelt noch mal schön auslüften und weggepackt werden. Wir werden es wohl noch mehrmals brauchen, da die Ostseeküste völlig ausgebucht ist.
Komary - Danzig - Gdynia: 65,4 km
Wie wir schon aus dem Busfenster gesehen haben, ist der Radweg von Komary nach Danzig sehr gut ausgebaut und erwartungsgemäß durch Mittel aus dem EU-Regionalfonds finanziert. Wie schön, dass er uns nun zur Verfügung steht. Kroatien und Griechenland könnten diesen Fonds auch nutzen und ihr Radwegenetz verbessern. Die Mittel werden als Zuschüsse gewährt, die Kommune muss einen Großteil der Finanzierung selbst aufbringen und natürlich die richtigen Anträge stellen und auch die Bauarbeiten organisieren. Auf diese Weise wird sinnvoll investiert und es verdienen viele Leute Geld.
Kurz vor der Danzig kommt uns Isabel mit dem Tourenrad und Packtaschen entgegen. Sie ist Polin und fährt von West nach Ost an der Küste durch ihr Land. Es ist das Abenteuer ihres Lebens, wie sie uns erzählt. Aber sie ist noch so jung und kann bestimmt noch viele Abenteuer erleben. Wir erkundigen uns bei ihr genau nach dem Ostseeradweg und wissen nun, wo die sehr unwegsamen Passagen sind, die wir möglichst vermeiden wollen. Hier kommen uns noch mehrere Radtouristen entgegen. Einen jungen Mann treffen wir während der Grünphase an der Ampel. Er hat enorm viel Gepäck und will nach Kroatien.
Wir folgen den Empfehlungen von Angelika und besuchen zuerst die Westerplatte. Hier erfolgte am 1. 9. 1939 der deutsche Angriff auf Polen, der den 2. Weltkrieg einleitete. Schautafeln beschreiben die Verteidigung und Kapitulation der polnischen Streitkräfte, anschließende Deportation ins KZ Stutthof und Zwangsarbeit. Die Westerplatte liegt auf einer Landzunge auf die wir hin und zurück fahren.
Der Hunger meldet sich und wir finden im Danziger Gewimmel wieder das Kartoffellokal vom Vortag. Wir sind so begeistert, dass wir dieses Mal ausnahmsweise auch Fotos vom Essen zeigen.
Nun geht es noch zum Werftmuseum. Wir passieren das Tor mit unseren Fahrrädern und treffen den deutschpolnischen Danziger Karl Jabinsky. Seine Mutter war Deutsche und blieb nach dem Krieg in Danzig, um ihre Schwester zu betreuen. Danzig sei früher eine "Multikulti"-Stadt gewesen mit Einwohner verschiedener Nationen und Religionen. Er hat in der Werft als Schlosser gearbeitet und kennt die Geschichte und natürlich auch Lech Walesa gut. Er erzählt von dem ersten Streik im Jahr 1970 als 40 Leute von vermutlich russischen Soldaten vom gegenüberliegenden Gebäudedach erschossen wurden. Danach stellten die Arbeiter Holzkreuze auf, die jedes Mal wieder abgerissen wurden. Später sammelten sie Steine und legten immer wieder Steine an diesen Platz bis der Steinhaufen so groß wurde, dass er nicht mehr weggeräumt werden konnte. Heute steht dort ein Denkmal mit drei hohen gegeneinander gelehnten Kreuzen.
Der nächste Streik war 1981. Es wurde die Gewerkschaft Solidarnosc gegründet, die den Grundstein für die spätere Öffnung des Ostblocks legte. Karl erzählt, dass Lech Walesa 8 Kinder hatte aber so beschäftigt war, dass seine Frau alles alleine bewältigen musste. Er wurde auch immer wieder inhaftiert. Seine 21 Forderungen und der Versammlungsort wurden zum Weltkulturerbe erhoben. Karl hatte einmal eine Führung für einen 80- Leute starken Chor. Sie wollten unbedingt Lech Walesa selbst treffen. Als dann vor seinem Büro der 80-stimmige Chor die Europahymne anstimmte, hatte auch er Tränen in den Augen.
Nun geht es aber hurtig zum Quartier nach Gdynia. Hurtig ist leicht gesagt: Hier an der Küste ist der Radweg überfrequentiert- da hat sich das EU-Projekt mal richtig gelohnt -und ebenso überfüllt von Fußgängern ist die Promenade daneben. In Polen sind Ferien und jeder Sommertag wird für Ausflüge genutzt.
Sonntag, 8. 8. 2021
Besichtigung der Stadt Gdańsk (Danzig)
inkl. Hin/Rück-Busfahrt Komary - Danzig - Komary
Der heutige Tag ist dem Besuch der berühmten Stadt gewidmet. Die Bushaltestelle liegt direkt gegenüber unserer Unterkunft. Der Bus kommt pünktlich und ist schon fast voll besetzt als wir zusteigen. Auf dem Weg nach Danzig werden noch alle restlichen Sitz- und Stehplätze belegt.
In der Stadt ist Markt: Ein Riesenflohmarkt, aber auch Kunsthandwerk, Lebensmittel und Essen werden angeboten. Die Straßen sind voller Menschen, dabei aber nur wenige ausländische Touristen. In den Parks gibt es Liegestühle und Bänke für jedermann und Wasserfontänen in denen die Kinder spielen.
Wir wandern durch die Altstadt, besuchen ein Kartoffelrestaurant mit sehr besonderen Kartoffelgerichten und Internet.
Es fällt hier wieder auf- wie an vielen anderen Orten- dass Radwege, Wasserstraßen, Fassadenerneuerungen und die Renovierung von Sehenswürdigkeiten oft von der EU bezuschusst wurden.
Morgen radeln wir weiter und passieren dabei die Stadt noch einmal um ein Museum und die Werft anzuschauen.
Ps: wir sind noch im gleichen Quartier ohne Internet. Deshalb gibt es nur wenige Fotos (siehe heute und gestern)
westliche Seenplatte der Masuren (um Ostróda)
Samstag, 7.8.2021Malbork - Komary : 52 km 370 hm
Wir radeln in Richtung Nordwest, alles auf guten Straßen und treffen hier auf den Euro Velo 9. Wir überqueren die Weichsel und fahren dann auf dem Damm entlang in Richtung Ostsee. Auf einem Parkplatz weist ein Radwegschild in Richtung Weichselmündung Der Kiefernwald, der nahe Fluß und die Ostsee reizen uns. Nach 2 km wird es so unwegsam, dass wir kehrt machen. Aber es findet sich eine gut befahrbare Alternative parallel zur Ostsee. Heute am Samstag bei bestem Sonnenwetter sind viele Leute mit ihren Kindern, Schwimmreifen und Badetüchern in dieser Gegend unterwegs. Wir auch. Wir ändern schließlich die Route wieder und verlassen den Wald.
In einem kleinen Sklep (Laden) kaufen wir ein und setzen uns auf die Bank vor das Geschäft. Wir kommen mit dem deutsch sprechenden Besitzer ins Gespräch. Eigentlich wollen wir nicht mehr weiter fahren. Er vermittelt uns eine günstige Unterkunft in einem kleinen Bungalow. Hier machen noch mehr Leute Urlaub. Es geht lustig zu. Wir buchen für zwei Nächte und können von hier aus morgen mit dem Bus nach Danzig fahren.
Ps: Wir haben in unserem Quartier kein WLAN . Fotos vom heutigen Tag gibt es erst Sonntag.
Freitag, 6.8.2021
Malbork (Marienburg)
Heute besuchen wir die berühmte Marienburg. Die Marienburg ist mit einer Fläche von 20 ha der größte Backsteinbau Europas und liegt am Nordufer der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel. Sie wurde zwischen 1270 und 1393 vom Deutschen Orden aufgebaut. Sie hat eine wechselvolle Geschichte erlebt, wurde als Kloster, Herrschaftssitz aber auch zeitweise als Kaserne genutzt. Sie bildete mit Wasserzugang, Heizung, mehreren großen Küchen und Lagerräumen eine Wirtschaftseinheit, die sich monatelang selbst versorgen konnte.
1945 diente sie als Festung gegen die vorrückende rote Armee und wurde 2 Monate lang umkämpft, dadurch zu 60 % zerstört.
Nach 1961 wurde der Wiederaufbau begonnen. Heute ist sie eine Touristenattraktion.
Für das Ticket heißt es erst mal Schlange stehen. Die allermeisten Besucher sind Polen oder zumindest slawisch Sprechende, so genau können wir das nicht unterscheiden. Ein deutsch sprechender Führer bietet sich für Indiviualtouristen an. Es finden sich mit uns 6 Leute, die er durch die Burg führt. Neben den drei Gebäudeteilen: ist auch eine Bernsteinausstellung zu sehen, in der mit feinstem künstlerischen Geschick Bernstein und Elfenbein u.a. zu Altären zusammengefügt wurden.
Morgen geht es weiter nach Danzig. Dort steuern wir den Campingplatz an, da die Hotels exorbitant teuer sind.
Donnerstag, 5. 8. 2021
Ostróda - Malbork (Marienburg) : 90 km 710 hm
Die Fahrt verläuft teilweise über die Staatsstraße und gut zu befahrene Nebenstrecken. Bis nach Zalewo fahren wir denselben Weg wie am Hinweg durch dichte Baumalleen, die sich wie ein Tunnel über die Straße legen. Einen Campingplatz werten wir als Hinweis für einen Badesee, in den Christiane kurz eintaucht. Immer wieder entdecken wir Störche auf den Dächern oder Strommasten. Uns fällt auf, dass hier - anders als in Tunesien und Italien - keine wilden Müllkippen neben der Straße zu sehen sind. Die Landschaft wird sauber gehalten. Ein weiterer Pluspunkt für Polen: In den Städten gibt es meistens durchgehende Radwege.
Wir freuen uns natürlich auch, dass die belarussische Sprinterin Kristina Timanowskaja so schnell in Polen Asyl bekommen hat und auf sicherem Weg nach Warschau gekommen ist.
Wir bleiben hier noch einen Tag und besuchen die Marienburg (Weltkulturerbe).
Mittwoch 4. 8. 2021
Ostróda (Osterode)
Gesamtlänge der bisherigen Radreise: 2027 km in 25 Tagen (Ruhetage nicht mitgezählt)
Technik: Fahrräder gesäubert und geölt
Wir bleiben einen Tag in Ostróda und wandern durch die Stadt. Es ist eine Burg mit einem Museum zu sehen. Sie wurde im 14. Jahrhundert vom Deutschen Orden gebaut, 1945 zerstört und später wieder aufgebaut. Osterode gehörte bis 1945 zu Ostpreußen es liegt im Westen von Masuren und ist von einem großen Seengebiet umgeben. 1945 wurde fast die gesamte Bevölkerung der ehemals deutschen Gebiete Schlesien, Ostpreußen, Masuren ausgetauscht. Es sollte nach dem Willen der polnischen Kommunisten wie auch der Sowjetunion und Großbritannien ein polnischer Nationalstaat gebildet werden im Gegensatz zu dem bisherigen Vielvölkerstaat mit Ukrainern, Weißrussen und Litauern.
Für die Ostpolen bedeutete das Vertreibung aus ihrer Heimat in die ehemals deutschen Gebiete. Sie siedelten nun in ein für sie fremdes Land um, aus dem die Deutschen geflohen und vertrieben worden waren. Für uns heißt es, dass die Geschichte des Landes, durch das wir reisen, eigentlich eine deutsche Geschichte ist, die aber seit 75 Jahren ausschließlich polnisch geprägt wurde.
Morgen radeln wir nach Marienburg (Malbork) - Torsten, vielen Dank für den Tipp!
Dienstag 3. 8. 2021
Kwidzyn - Ostróba (Osterode) : 88 km 870 hm
Die ersten 20 km von Kwidzyn nach Prabuty laufen wie geschmiert: Hier gibt es nämlich - oh Überraschung - einen nagelneuen durchgehenden Radweg. Als wir kurz stehen bleiben und auf die Karte schauen, kommt Marzin vorbeigefahren. Er spricht sehr gut englisch und fragt, ob er uns helfen kann. Marzin kommt aus Warschau und verbringt ebenso wie wir seinen Urlaub auf dem Fahrrad. Wir befragen ihn zum Ostseeradweg, über den wir im Internet nicht viel Gutes gelesen haben und er gibt uns einige Hinweise. Marzin schafft es mit Minimalgepäck 3 Wochen Fahrradtour zu absolvieren.
Von Prabuty fahren wir einige Zeit auf der Staatsstraße. Wir steigen jedes Mal vom Rad ab, wenn wir im Rückspiegel einen LKW herandonnern sehen. Da wollen wir nichts riskieren. Die Route geht auf gute Nebenstraßen über, später auf gut befahrbare Sandwege. Wir kommen an einem Badesee vorbei. Hier steht einem kurzen Schwimmausflug nichts mehr im Wege.
Als wir wieder einmal vor einem LKW flüchten, bleiben wir direkt vor der Schlossruine Kamieniec stehen. Das Schloss wurde im Jahr 1705 von Albrecht Konrad Finck von Finckenstein gebaut und später von Napoleon Bonaparte als Hauptquartier (1807) benutzt. 1945 wurde es von der Roten Armee in Brand gesetzt.
Etwa 12 km vor unserem Ziel haben wir dann doch noch einige Kilometer losen Kiesweg neben der Autobahn. Eine Unterführung führt uns auf die andere Seite der Schnellstraße. Hier können wir den Kiesweg verlassen und eine gute Teerstraße nutzen. Ein etwa 10 Jahre altes Mädchen überholt uns mit ihrem Rad an einer Steigung und mit ihr ihre beiden Eltern. Wir veranstalten ein kleines Wettrennen bis uns unsere Wege trennen und wir der Kleinen noch ein hohes Lob aussprechen für ihren Spaß und ihre Energie fürs Radfahren.
Es hat wieder alles gut geklappt und wir fahren durch den Ort, sehr erstaunt, wieviele Radfahrer es hier gibt, wieviele Menschen auf den Straßen sind, wie bevölkert der Spielplatz ist. Direkt neben unserem Appartement liegen ein Leichtathletikstadion und ein Schwimmbad. Auch das zeugt von der Aufgeschlossenheit dieser Stadt.
Montag 2.8.2021
Chelmno - Kwidzyn (Marienwerder) : 79 km 520 hm
Heute hatten wir gute Straßenverhältnisse: Radwege, feste Kieswege und verkehrsarme Nebenstraßen. Wir verlassen am Morgen unser Quartier. Eine junge ganz blau gekleidete Nonne kommt vorbei. Sie interessiert sich sehr für unsere Reise und verabschiedet sich mit "God bless You" Das wünschen wir ihr natürlich gerne auch.
Als Zwischenziel steuern wir die Stadt Grudziadz an. Sie bietet ein interessantes Stadtbild, außerdem gibt es einen Badesee. Wir radeln an den See, Christiane verzichtet aufs Schwimmen, der Wind ist zu stark. Wir trinken lieber Tee und schauen aufs Wasser. Nun geht es in die Innenstadt, in der enorm viel gebaut wird. Ein provisorisch durch Baken von der Fahrbahn getrennter Fahrradweg führt an den aufgerissenen Straßenbahngräben vorbei. Ab und an stören Sandhaufen, die wir umfahren. Als der R1 von der Straße abbiegt, folgen wir der Route zum Fluss Weichsel. Hier können wir das Stadtbild sehen und später auf der Anhöhe an einer alten Befestigungsmauer vorbei durch den Wald fahren.
Auf kleinen Straßen geht es weiter nach Kwidzyn, wo wir ein Appartement gebucht haben. Unterwegs treffen wir den Australier Jo, der mit der Sense das Gras neben seinem Garten mäht. Er erzählt von seinen Erlebnissen im Vietnamkrieg und den polnischen Wurzeln seiner Großeltern und führt uns seine Originaldigeridoo vor, das er von einem Aborigine erstanden hat.
Morgen machen wir uns auf den Weg in das masurische Seengebiet. Dazu müssen wir den R1 verlassen und uns eigene Wege mit unserem Navi und der Landkarte suchen.
Sonntag 1.8.2021
Naklo - Chelmno : 99,5 km 780 hm
Heute gab es den ersten Regentag auf unserer Tour. Das Land hat den Regen wirklich nötig. Wir ziehen die gelben Regenjacken über und sind nun von Weitem gut zu erkennen. Da heute Sonntag ist, haben die LKWs Fahrverbot außer natürlich diejenigen, die das wohl nicht wissen. Also freuen wir uns über weniger Schwerlastverkehr. Wir fahren an einem kleinen Geschäft vorbei, aus dem die Leute mit Einkaufstaschen heraus kommen, was wir auch gleich nutzen und nebenan Mittagspause halten. Ein junger Mann sieht uns dort sitzen und begrüßt uns herzlich. Wir freuen uns über sein Interesse an unserer Reise, denn das erleben wir nicht so oft.
Auch die Strecke bietet einige Überraschungen. Zeitweise wunderbar frisch geteerte Radwege, gute Nebenstraßen, aber auch Sandwege und Kopfsteinpflaster. Wir bewundern die einheimischen Radfahrer, die mit vollen Beuteln am Lenker mühelos durch die Sandstrecken balancieren. Unsereins muss sich erst langsam an das unwegsame Gelände gewöhnen.
Der R1 führt eigentlich unter der Bundesstraße hindurch ans Ufer der Weichsel. Unser Navi sucht partout eine Umleitung. Vor Ort sehen wir die Ursache: Eine Riesenbaustelle, die wir mit den Rädern nicht queren können (Autobahnbau). Da heißt es eine Umfahrung suchen. Gut, dass wir heute nicht so spät dran sind und genügend Zeit haben. An einem Bahnübergang vor der Schranke können wir die langen Güterzüge betrachten, die in beiden Richtungen unterwegs sind. Endlich haben wir wieder den R1 auf der anderen Seite der Bundesstraße erreicht. Zu guter Letzt gibt es noch einen Anstieg zu unserer Unterkunft nach Chelmno, das auf einem Hügel liegt. Für heute haben wir genug erlebt, die Stadt besuchen wir morgen.
Samstag 31.7.2021
Naklo : Ruhetag
Nach längerem Ausschlafen und umfangreichem Frühstück machen wir uns auf den Weg in die Innenstadt. Straßencafés gibt es nicht. Das scheint hier in Polen nicht "en Vogue" zu sein. Schließlich landen wir in einem Döner Imbiss, indem der polnische Sportsender läuft. Wir erleben live den Endlauf der 400 m Mixed-Staffel mit dem tragischen Sturz der deutschen Staffel bei der 2. Übergabe und dem Überraschungssieg der polnischen Staffel. Da gibt es große Freude im Restaurant. Neben uns sitzt eine mexikanisch-polnische Familie mit Oma und zwei Kindern. Die Sprache der Familie ist spanisch. Der mexikanische Vater spricht auch perfekt deutsch. Er hat in Dresden studiert. Die beiden haben sich in Barcelona kennen gelernt.
Wir radeln zum Hafen am Fluß Sleska. Dort gibt es ein Café im 1. Stock mit Blick auf den Spielplatz, der Marina und den mit Seerosen bewachsenen Fluss.
Unser Hotel hat ebenso, wie schon gestern, eine polnische Hochzeit zu Gast. Auf den Straßen hatten wir oft das Gefühl, dass die Polen eher reservierte, ernste Menschen sind. Aber hier, wo sie sich gut kennen, feiern sie sehr ausgelassen mit Musik und gemeinsamem Tanz.
Morgen geht es weiter nach Chelmno.
Freitag 30.7.2021
Pila - Naklo : 99 km 770 hm
Heute herrscht starker Wind aus Südwest. Da wir nach Osten fahren, haben wir dadurch immer wieder guten Antrieb von hinten. Wir folgen dem R1, der nicht den direkten Weg auf der Bundesstraße nimmt, sondern diese Hauptverkehrsverbindung in weiten Bögen umrundet. So kommen doch einige Kilometer und Höhenmeter zusammen.
Wir passieren eine Kirschbaumplantage. Viele Händler warten mit ihren Fahrzeugen geduldig bis sie ihre Kirschkisten prüfen und abholen können. Wir Kleinkunden dürfen für 10 Sloti auch ein Kilo Kirschen mitnehmen.
In dem kleinen Dorf Byszewice radeln wir an einem kunstvoll gestalteten Garten vorbei. Er ist auch mit politischen + religiösen Schriften verziert. Der Eigentümer präsentiert stolz die gesammelten Presseartikel ebenso wie seine historischen Werkzeuge und Utensilien und sein selbstgebautes kleines Flugzeug. Wir warten nicht ab ob er damit in die Lüfte steigt, sondern tragen uns in sein Gästebuch ein. Am 25. 7. steht dort der Eintrag von einem Oliver aus Berlin, der ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs ist und in die baltischen Staaten reisen will. Um ihn noch einholen zu können, müssten wir uns allerdings sehr beeilen.
Das Wetter ist nach wie vor stabil. Die Straßen sind verkehrsarm. An vielen Stellen können wir weit über das Land blicken.
Donnerstag 29.7.2021
Wielen - Pila : 70 km
Heute haben wir uns mit dem R1 wieder versöhnt. Weite Strecken führen auf breiten geteerten Straßen durch Feld und Wald ohne viel Verkehr.
Auch die Dörfer sind nun ansprechender: Weiße oder bunte Fassaden, moderne Häuser. Uns fällt auf, wieviel Wald es hier gibt. Etwa zwei Drittel unserer Strecke führen durch Kiefern- oder Buchenwälder. Einige Male fahren wir durch dichte Alleen gesäumt von alten Linden. Darin ist es so dunkel, als ob man durch einen Tunnel fahren würde. Bisher haben wir in Polen viel Wald durchquert, auch die Staatsstraßen sind von Wäldern umgeben (Fernradweg R1). Neben landwirtschaftlich genutzten Flächen sieht man auch viele naturbelassene Wiesen und Brachland, so dass Insekten und Vögel Lebensraum haben.
Unser Tagespensum ist heute kürzer (was mit den angebotenen Unterkünften zusammenhängt). Wir sind um 16:00 Uhr am Ziel und übernachten wieder in einem privaten Appartement. Es ist super ausgestattet, sogar mit einer Waschmaschine. Einkaufen kann man in einem kleinen Tante-Emma-Laden um die Ecke mit einem netten und lustigen Inhaber, der die Kartoffeln aus dem Keller holt und auch sonst alles hat, was Radfahrer aber auch anderweitig Mobile oder Seßhafte benötigen.
Mittwoch 28.7.2021
Miedzyrzecz - Wielen : 94 km 600 hm
Heute geht es überwiegend auf Staatsstraßen weiter. Wir sind etwas enttäuscht über die Radroute R1, besonders als die 40-Tonner an uns vorbeidonnern. Diese Straßen sind mit dem roten R1-Schild als Radwege markiert. 6 km werden neben der Straße durch einen vorschriftsmäßig angelegten Radweg geführt- aus dem EU-Fonds finanziert- danach gehts aber auf der Staatsstraße weiter. Erst 5 km vor dem nächsten größeren Ort wurde der Radweg weitergebaut. In welche Taschen sind wohl die EU-Mittel für das Mittelstück geflossen ?
Wir weichen den schweren LKWs aus und steigen auf dem Randstreifen ab, wenn wir sie im Rückspiegel kommen sehen.
Auch eine Baustelle wird angezeigt incl. Umleitung und Fahrverbot für alle Fahrzeuge, außerdem ein Sackgassenschild. Erstaunlich dass trotzdem so viele Fahrzeuge diesen Weg nehmen. Wir versuchen es auch und siehe da: Es gibt zwar genügend Baubedarf auf der unebenen Straße, gebaut wird jedoch nicht. Wir können problemlos durchfahren und sind froh, dass wir die Umleitung nicht genommen haben.
Und der R1 hält eine weitere Überraschung bereit: Endlich ein Weg absolut verkehrsfrei aber 5 km Sandweg. Es geht teilweise buchstäblich durch knöcheltiefen Sand, für uns heißt es mit den schwer bepackten Rädern schieben.
Aber ihr seht, dass wir alles mit Bravour meistern und in einem tollen Appartement unterkommen, wo wir mal wieder selber kochen können.
Dienstag 27.7.2021 Teil 2
Miedzyrzecz (Meseritz) Ruhetag
Technik: Fahrräder geputzt, Schaltung + Kette geölt
Route FFB - Miedzyrzecz: 1500 km mit "Umweg"über Donsbach
Durchschnittliche Tageskilometer ca. 79 km (19 Tage bis Miedzyrzecz)
Wir sind in der Willa Starosty untergekommen, umgeben von einem weitläufigen Park mit Liegestühlen und Sitzgruppen, die auch als Restaurant genutzt werden.
Aber es ist auch Kultur angesagt. Wir besuchen das Museum und die 1000 Jahre alte Festung am Ort. Sie liegt am Fluss Obra, der den Ort durchquert. Das Museum dokumentiert die wechselvolle Geschichte der Stadt bis zur Eroberung durch die Sowjetarmee und Vertreibung der deutschen Bevölkerung.
Christiane erinnert sich an Erzählungen ihrer Mutter, deren Familie aus Meesendorf in Schlesien im Treck fliehen musste. Das Dorf und die damaligen Einwohner lassen sich tatsächlich im Internet finden.
Die Festung in Miedzyrzecz ist mit Holzschindeln gedeckt und von zwei Rundtürmen begrenzt. Sehr unterschiedlich zu den Festungen, die wir in Spanien besucht haben.
Morgen geht es weiter auf dem R1. Andere Wege scheinen schwierig für Radfahrer zu sein, was uns zwei andere Radtouristen bestätigen.
Dienstag, 27.7.2021 Teil 1
Blog erstellt
Miedzyrzecz (Meseritz)
Unser Blog beginnt mit dem 3. Tag unserer Radreise durch Polen.
Wir sind von Donsbach in Hessen über Leipzig und Berlin nach Küstrin und von dort auf dem Europaradwanderweg R1 durch das Land gefahren.
Helmut ist schon früher gestartet von Fürstenfeldbruck über Nürnberg und Würzburg nach Donsbach-Dillenburg und hat einige Tage mit Freunden dort verbracht.
Es geht vorbei an einem großen Nationalpark mit seltenen Vögeln, viel Wald durch Sulecin und vorbei an einer Seenplatte bei Lubniewice. Boote aller Art durchqueren die Seen, wir verlegen uns aufs Schwimmen. Im Gegensatz zum Regenreichtum in unserem Heimatland herrscht hier eine stabile Hochdrucklage- für uns Radler also immer sonnig warmes Wetter.
Heute legen wir einen Ruhetag in Miedzyrzecz ein. Die polnische Sprache ist noch sehr gewöhnungsbedürftig. Wir beherrschen gerade mal ein paar Brocken wie dziekuie für danke.
Hallo ihr beiden, so sieht man was von der Welt! Wir beneiden euch darum und wünschen allseits gesunde Weiterreise. So interessant, wie die Tour immer beschrieben wird, ganz toll. Ich hatte maleine Zeit lang in Poznan (Posen) zu tun, aber da kannte ich nur den Flughafen und Teile der Innenstadt. Das drumherum in Polen hätte ich einmal sehen können auf einer Autofahrt von Krakau nach Posen. Der Flieger war wegen Nebel nach Krakau umgeleitet worden und ich bin mit einem Mietwagen nach Posen. Habe unglaublich lang gebraucht, da die Straßen schlecht waren. Und weinig gesehen, weil erstens dunkel, zweitens Nebel. Das waren die 90er Jahre. Ist heute sicher besser.
AntwortenLöschenEuer Reisebericht ist so lebendig, dass ich schon fast Muskelkater davon bekomme!
AntwortenLöschenSehr interessant! Ich bewundere Euch wünsche weiterhin einen guten Zieleinlauf und eine glückliche Heimkehr.